Lüften bei Nieselregen? Warum es die Raumfeuchte trotzdem senkt

Lüften bei Nieselregen? Warum es die Raumfeuchte trotzdem senkt

Es nieselt unermüdlich, dieser feine Regen, der Jacken leise dunkel färbt und Gehwege glitzern lässt. Drinnen riecht es nach Heizung, Teppich, einem Hauch Wäsche vom Vortag. *Draußen schnurrt der Regen wie ein leiser Teppich, drinnen klebt die Luft am Hals.* Ich stehe da, Hand am Fenstergriff, und zögere: Lüften im Nieselregen – macht das die Wohnung nicht noch feuchter? Wir kennen alle diesen Moment, in dem Bauchgefühl und Physik aneinandergeraten. Ich kippe das Fenster nicht, ich reiße es auf. Die Kälte stößt herein, kurz, bissig, doch die Luft wird sofort weicher. Ein kleiner Zug auf der Haut, ein großer Effekt. Und dann passiert etwas, das man nicht sieht. Es ist paradox.

Warum Nieselregen-Luft oft trockener ist, als sie wirkt

Nieselregen fühlt sich nass an, weil Tropfen auf Wangen und Fenstersimsen landen. Die Feuchte in der Luft spielt aber nach anderen Regeln, genauer: nach Temperatur und Wasserdampfgehalt. Kalte Außenluft kann weniger Wasserdampf halten als warme Innenluft. Wird diese kalte Luft hereingelassen und auf Zimmertemperatur erwärmt, sinkt ihre relative Feuchte deutlich. Das heißt: Die Luft wirkt drinnen plötzlich „durstig“ und nimmt Feuchte aus Wänden, Textilien und Atem auf. **Relative Feuchte ist nicht absolute Feuchte.** Was sich draußen klamm anfühlt, entpuppt sich drinnen als Feuchte-Senke. Deshalb kann Lüften bei Nieselregen die Raumfeuchte senken, auch wenn der Blick aus dem Fenster das Gegenteil suggeriert.

Ein kleines Rechenbeispiel macht das greifbar. Nehmen wir Außenluft mit 5 °C und 95 % relativer Feuchte – klassisches Nieselwetter. Diese Luft enthält absolut rund 6,5 Gramm Wasserdampf pro Kilogramm Luft. Kommt sie hinein und erwärmt sich auf 20 °C, könnte sie theoretisch etwa 14,7 Gramm halten. Aus 95 % werden dann ungefähr 44 % relative Feuchte. Drinnen ist die Luft sofort „trockener“, obwohl draußen fast sattes Grau herrscht. Das gleiche Prinzip gilt an vielen feuchten Tagen zwischen Herbst und Frühling. Manchmal reicht ein kräftiger Luftwechsel von fünf Minuten, und die Hygrometer-Nadel rutscht sichtbar nach unten. Konterintuitiv, aber messbar.

Das Kernwort dahinter heißt Taupunkt. Der Taupunkt ist jene Temperatur, bei der Wasserdampf kondensiert. Liegt der Taupunkt der Außenluft unter dem Taupunkt der Innenluft, lohnt Lüften für die Feuchtebilanz – egal, ob es nieselt. **Taupunkt schlägt Bauchgefühl.** Wer einen Blick in die Wetter-App wirft, findet ihn oft direkt neben Temperatur und Feuchte. Alternativ funktioniert ein simpler Check: beschlagene Fenster am Morgen bedeuten, dass die Innenluft zu feucht ist und an den kältesten Flächen auskondensiert. Frische, kühle Außenluft senkt dann zuverlässig die Feuchte, sobald sie drinnen warm wird. So simpel, so gegen die Intuition, so hilfreich gegen Schimmel an kalten Wänden.

So lüftest du bei Nieselregen richtig

Der wirksamste Trick heißt Querlüften. Also zwei gegenüberliegende Fenster komplett öffnen, für drei bis sieben Minuten, je nach Temperaturdifferenz. Kalte Tage brauchen weniger Zeit, milde Übergangstage etwas mehr. Vorher Thermostat kurz runterdrehen, nach dem Lüften wieder hoch. Wird es nur ein Fenster, dann zumindest ganz auf, nicht auf Kipp. Kippstellung kühlt Wände aus, ohne einen knackigen Luftwechsel zu erzeugen. Wer es nerdig mag, schaut auf den Taupunkt in der App: Ist der draußen niedriger als drinnen, Fenster auf. **Stoßlüften statt Kippfenster** – das ist die ganze Melodie.

Typische Fehler passieren aus Gewohnheit. Stundenlang gekippte Fenster wirken „vorsichtig“, kosten aber Wärme und bringen wenig Feuchte raus. Wäsche trocknen in Wohnräumen treibt die Feuchtekurve hoch, genau wie Duschen ohne Nachlüften. Türen zu feuchten Räumen nach innen schließen, dann gezielt lüften – das bremst die Feuchte-Wanderung. Ein kleines Hygrometer an der Wand hilft, nicht nach Gefühl, sondern nach Zahl zu handeln. Seien wir ehrlich: Niemand macht das jeden Tag. Kleine Rituale reichen schon – morgens kurz Querlüften, abends nach dem Kochen, nach dem Duschen die Feuchte spürbar runterholen.

Was hilft, ist eine klare innere Regel: erst Luftwechsel, dann Wärme.

„Nieselregen ist ein Augen-Betrug: Was auf der Haut nass wirkt, ist drinnen oft die trockene Lösung“, sagt eine Bauphysikerin, die in Altbauten so manchen feuchten Winkel vermessen hat.

Und weil Orientierung guttut, hier ein schnelles Merkblatt:

  • Zielbereich innen: 40–60 % relative Feuchte
  • Querlüften 3–7 Minuten, je kälter draußen, desto kürzer
  • Nach Duschen und Kochen sofort lüften, Türen schließen
  • Wetter-App: Außen-Taupunkt niedriger als innen? Los geht’s
  • Kippfenster sind für Katzenschnurren, nicht für Feuchteabtransport

Was bleibt, wenn man die Luft „lesen“ lernt

Wer einmal erlebt hat, wie Niesel-Luft die Wohnung beruhigt, fängt an, Wetter nicht nur zu sehen, sondern zu spüren. Zahlen helfen, aber der Körper merkt das vorher: Atem wird leichter, Textilien fühlen sich weniger „satt“ an, Holz knarzt ein wenig weniger. Das Ritual des kurzen Lufttausches schafft Ruhe im Raum und im Kopf. Schimmel hat es schwerer, die Heizung arbeitet stabiler, der Schlaf wird klarer. Und ja, an manchen Tagen zieht es kurz, man wickelt sich fester in den Pulli. Es lohnt sich.

Kernpunkte Detail Mehrwert für den Leser
Nieselregen-Luft kann drinnen trocknen Kalte, feuchte Außenluft wird beim Erwärmen relativ trocken Versteht das Paradox und lüftet selbstbewusst
Taupunkt als Entscheidungshelfer Außen-Taupunkt niedriger als innen? Lüften senkt Feuchte Einfacher, praxistauglicher Check via App/Hygrometer
Stoß- statt Kipp-Lüften 3–7 Minuten Querlüften, Türen schließen, Heizung kurz runter Schneller Effekt, weniger Energieverlust, weniger Schimmelrisiko

FAQ :

  • Hilft Lüften bei Nieselregen wirklich gegen Feuchte?Ja, wenn die Außenluft kälter ist und der Außen-Taupunkt unter dem Innen-Taupunkt liegt, sinkt die relative Feuchte nach dem Erwärmen der Luft im Raum.
  • Bringt der Regen selbst Nässe in die Wohnung?Die Tropfen bleiben draußen. Entscheidend ist der Wasserdampfgehalt der Luft; der kann trotz Regen so niedrig sein, dass er drinnen Feuchte „aufsaugt“.
  • Woran erkenne ich, ob Lüften sinnvoll ist?An der App (Taupunkt), am Hygrometer (über 60 % ist zu hoch) und an beschlagenen Fenstern am Morgen. Dann kurz, kräftig lüften.
  • Wie lange soll ich im Winter lüften?Kurz und knackig: meist 3–5 Minuten Querlüften reichen. Übergangszeit 5–7 Minuten, Sommer nach Gefühl und Zug.
  • Ist Regenluft gut für Allergiker?Häufig ja. Regen bindet Pollen und Staub, die Außenluft ist sauberer. Kurze Lüftungsfenster sind dann besonders angenehm.

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