Glatteis sieht aus wie nasser Asphalt, fühlt sich an wie Seife. Der Trick, der wirklich zählt, beginnt mit einem einfachen Satz: Hände aus den Taschen.
Die Szene: ein dunkler Morgen, Straßenlaternen glimmen, Atem dampft. Vor dem Bäcker rutscht ein Mann auf einer unsichtbaren Eisspur, die Hände tief in der Jacke, Schultern hochgezogen. Er versucht, das Gleichgewicht aus der Hüfte zu retten, doch sein Oberkörper kippt, der Schritt wird lang, der Körper wird steif – ein Sturz wie im Zeitlupenfilm. Daneben eine Frau mit Einkaufstasche, Arme frei, Ellenbogen leicht abgewinkelt. Sie gerät ins Rutschen, lässt den Arm seitlich ausschlagen, dreht das Becken, fängt den Schwung ab und bleibt stehen, der Blick erschrocken, dann ein leises Lachen. Es sind Millimeter, die entscheiden. Ein Reflex entscheidet.
Warum Hände nicht in die Taschen gehören
Arme sind Antennen für das Gleichgewicht. Wenn sie frei sind, fangen sie kleinste Schwankungen ab, drehen den Oberkörper, bremsen Drehungen, bringen den Körper zurück übers Standbein. Stecken die Hände in den Taschen, steigen Kopf und Rumpf in einen starren Block ein – und der fällt wie ein Brett. Und ja: Wer die Hände frei hat, schützt nicht nur das Handgelenk, sondern vor allem Kopf, Hüfte und Wirbelsäule.
Die Notaufnahme kennt zwei typische Wintergeschichten. Da ist Tom, 42, der in der Mittagspause schnell zum Bäcker lief, Hände im Mantel, ein Fuß rutscht weg – Schlüsselbeinbruch. Daneben Carla, 29, Sportlerin, rutscht auch, Arme frei, dreht leicht ein, setzt seitlich am Unterarm und Oberschenkel auf, geht mit der Bewegung – blauer Fleck, kein Gips. Zahlen variieren je nach Stadt, doch an Glatteis-Tagen verdoppeln sich die Sturz-Frakturen, oft trifft es Handgelenk und Hüfte, weil der Körper starr blockiert.
Biomechanisch ist das simpel. Die Hüfte will über dem Fuß bleiben, der Körperschwerpunkt tief und ruhig. Eis nimmt Reibung weg, also braucht es Ersatz: Arme erzeugen Gegendrehimpulse, sie sind das lenkende Ruder am Rumpf. Wer die Hände frei hat, kann kippen zulassen und gleichzeitig steuern, statt reflexhaft mit gestrecktem Arm zu blocken. Der Boden gewinnt immer. Wer weich bleibt, verteilt Energie – wer hart stoppt, bricht.
So trainierst du den Schutzreflex bei Glätte
Der beste Reflex ist vorbereitet. Gehe auf glatten Wegen mit kleinen Schritten, die Füße leicht nach außen, Gewicht minimal nach vorn, Knie federnd. Hände frei, Ellenbogen locker, Handflächen offen, als würdest du zwei Tabletts balancieren. Atme ruhig, Blick drei Meter voraus, nicht auf die Schuhe. Kommt ein Rutscher, lass den Körper weich werden, atme aus, drehe leicht seitlich, damit Unterarm und Oberschenkel die Energie nehmen.
Häufige Fehler passieren aus Stress. Blick nach unten, Schultern steif, Smartphone in der Hand, schwere Tasche nur auf einer Seite – schon kippt der Körper. Stell die Tasche quer über den Rücken oder trag sie nah am Bauch, halte die Hände frei. Blick hoch, Schultern locker. Wir alle kennen diesen Moment, in dem das Herz kurz hochschlägt und der Fuß wegfliegt. Seien wir ehrlich: Niemand macht das jeden Tag. Aber eine Minute vor der Haustür, Arme ausschwingen, zwei Probetritte, und der Körper erinnert sich.
Ein kleiner Leitfaden hilft, wenn der Kopf leer wird.
„Hände raus, Ellenbogen weich, atmen und drehen – nicht stoppen, sondern führen“, sagt Physiotherapeutin Lena Krause, die jedes Jahr im Winter Sturzprävention in Betrieben schult.
- Hände aus den Taschen – Finger offen, Ellenbogen leicht gebeugt.
- Kleine Schritte, tiefer Schwerpunkt – Füße setzen, nicht schieben.
- Seitlich abrollen statt frontal blocken – Unterarm und Oberschenkel nehmen Energie.
- Rutsch-Test mit dem Zehenballen, bevor du Gewicht verlagerst.
- Schuhe mit Grip: grobes Profil oder Überzieher mit Spikes.
Ein kurzer innerer Satz reicht: „Locker, klein, drehen.“
Was bleibt, wenn es doch knallt
Manchmal passiert es trotzdem. Dann zählt der Plan B: Schmerz ernst nehmen, Handgelenk kühlen, ruhigstellen, bei Taubheit oder Fehlstellung lieber in die Praxis als heroisch weitermachen. Wer öfter bei Glätte unterwegs ist, kann Sturztraining in Vereinen oder bei der Feuerwehr buchen, das klingt spektakulärer als es ist und gibt Sicherheit. Nachbarn streuen, Hausgemeinschaften reden sich ab, Betriebe legen Matten vor Eingänge. Eine kleine, fast unsichtbare Kultur der Fürsorge entsteht, wenn Menschen sich gegenseitig erinnern: „Arme frei, Schritt klein.“ Das klingt banal, es rettet Alltag. Das Gute: Diese Mini-Tricks sind ansteckend, ein Lächeln, eine Geste, und plötzlich laufen zwei Menschen vorsichtiger. Und dann drei. Und dann ist der Winter immer noch glatt – nur weniger gefährlich.
| Kernpunkte | Detail | Mehrwert für den Leser |
|---|---|---|
| Hände aus den Taschen | Arme frei, Ellenbogen gebeugt, Handflächen offen | Mehr Balance, Schutz für Kopf und Hüfte |
| Pinguin-Gang | Kleine Schritte, Gewicht leicht nach vorn, Blick voraus | Weniger Ausrutscher auf heimtückischem Eis |
| Weich fallen statt blocken | Seitlich eindrehen, Energie über Unterarm/Oberschenkel verteilen | Geringeres Risiko für Knochenbrüche |
FAQ :
- Warum führen gestreckte Arme beim Sturz so oft zu Handgelenksbrüchen?Weil die Kraft auf eine kleine Fläche trifft und abrupt gestoppt wird. Der Knochen gibt nach, wenn der Körper nicht mitgeht.
- Was ist die sicherste Fußtechnik auf Glatteis?Kleine, flache Schritte mit leicht nach außen gerichteten Füßen, Gewicht minimal über dem vorderen Fuß, Ferse vorsichtig absetzen.
- Hilft es, die Hände in Handschuhen zu wärmen statt in den Taschen?Ja. Warme Handschuhe halten die Finger beweglich, die Hände bleiben frei für Balance und Reaktion.
- Sind Spikes oder Überzieher im Alltag sinnvoll?Auf vereisten Wegen ja. In Innenräumen kurz abnehmen, damit du nicht rutschst und Böden schonst.
- Wie trainiere ich das seitliche Abrollen ohne Verletzungsrisiko?Auf einer Matte beginnen: aus dem Stand leicht seitlich kippen, Unterarm an den Körper, Kinn zur Brust, Energie Richtung Oberschenkel leiten – langsam steigern.









