Im Ernstfall holt sich die Versicherung Geld zurück. Bis zu 5.000 Euro. Warum das so ist, was als „winterlich“ gilt, und wie man sich schützt, klären wir hier – ohne Schuldzuweisungen, mit klaren Bildern aus dem echten Leben.
Der Atem hängt als feiner Dampf über der Einfahrt. Ein Nachbar kratzt scheppernd die Frontscheibe frei, die Handschuhe halbherzig, die Minuten knapp. Das Thermometer fällt, die Straße glänzt stumpf. Ein Kombi rollt an die Kreuzung, bremst, rutscht einen halben Meter weiter, als gedacht. Niemand verletzt, Blechschaden, der Puls zu schnell. Später am Telefon spricht der Sachbearbeiter freundlich, aber bestimmt. Er fragt nach Reifen, nach Symbolen, nach dem Datum der Montage. Ein Wort fällt immer wieder: situativ.
Sommerreifen im Winter: Was die Regel wirklich fordert
Die sogenannte Winterreifenpflicht in Deutschland ist keine Jahreszeitenpflicht, sondern eine situative Pflicht. Sie gilt bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte. Dann müssen Reifen mit dem Alpine-Symbol (3PMSF) montiert sein, Allwetterreifen zählen, wenn sie dieses Symbol tragen. Das alte „M+S“ reicht seit Oktober 2024 nicht mehr. Wer trotzdem mit Sommerreifen fährt, riskiert 60 Euro und einen Punkt in Flensburg, mehr bei Behinderung, Gefährdung oder Unfall. **Sommerreifen im Winter sind kein Kavaliersdelikt.**
Eine Szene, wie sie viele kennen: Lena pendelt in der Stadt, die Straßen sind halb frei, halb matschig. An einer Ampel bremst sie, das ABS tackert, der Wagen rutscht und schiebt ihren Vordermann an. Kleinunfall, zwei kaputte Stoßfänger. Die Polizei notiert Schneematsch, Sommerreifen, 100 Euro Verwarngeld plus Punkt, weil es zur Kollision kam. Ihre Haftpflicht reguliert den Fremdschaden vollständig. Wochen später kommt Post: Regress – 1.500 Euro. Begründung: ungeeignete Bereifung bei winterlichen Straßenverhältnissen, Verstoß gegen § 2 Abs. 3a StVO.
Wie funktioniert das juristisch? Die Kfz-Haftpflicht muss den Schaden des Unfallgegners bezahlen. **Die Haftpflicht zahlt erst – und kommt dann zu Ihnen.** Bei einem klaren Verstoß gegen die situative Winterreifenpflicht darf der Versicherer beim eigenen Kunden Regress nehmen. Üblich sind bis zu 5.000 Euro. In der Kasko prüft der Versicherer grobe Fahrlässigkeit, dann werden eigene Schäden anteilig gekürzt – wie viel, hängt vom Einzelfall ab. Entscheidend sind Witterung, Profil, Reifendaten und Unfallhergang. **Bis zu 5.000 Euro Regress sind realistisch.**
So vermeiden Sie Regress: praktikable Schritte statt Theorie
Die einfachste Methode: rechtzeitig umstecken. Orientierung bietet die „7-Grad-Regel“ – unter sieben Grad arbeiten Wintermischungen spürbar besser. Praktisch heißt das: Wechsel im Oktober, zurück im April. Prüfen Sie das Alpine-Symbol, nicht nur „M+S“. Mindestprofil sind 1,6 mm, sinnvoll sind 4 mm. Kontrollieren Sie den Luftdruck, Kälte senkt ihn messbar. Winterreifen dürfen eine niedrigere Geschwindigkeitsklasse haben, wenn ein gut sichtbarer Aufkleber die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Blickfeld des Fahrers zeigt. Ein zehnminütiger Check spart Stress – und Geld.
Typische Fehler passieren aus Alltag, nicht aus Bosheit. Man fährt „nur kurz“ zum Bäcker, doch über Nacht hat’s gefroren. Oder man vertraut Allwetterreifen ohne 3PMSF – die gelten bei Eis und Schnee nicht als wintertauglich. Wir kennen alle diesen Moment, wenn der Kalender schneller ist als der Reifenwechsel. Seien wir ehrlich: Niemand macht das wirklich jeden Tag. Trotzdem lohnt die Routine: Lagerort kühl und dunkel, DOT-Nummer checken (Reifen altern), Felgen sauber halten. Kleine Schritte, große Wirkung.
Versicherer und Experten sagen, was zählt, sind Nachweis und Plausibilität. Dokumentieren Sie Wechseltermine mit Rechnung oder Foto. Notieren Sie Profiltiefen. *Ein kurzer Blick mit der Messkarte beruhigt mehr als jede Ausrede.*
„Wer bei erkennbar winterlichen Verhältnissen mit Sommerreifen fährt, handelt vorhersehbar riskant – und teilt dieses Risiko finanziell mit seinem Versicherer.“ – Ein Schadenregulierer im O-Ton
- Alpine-Symbol (3PMSF) prüfen – nicht nur „M+S“.
- Profil mindestens 4 mm anpeilen, gesetzlich 1,6 mm.
- Wechsel: Oktober/April, je nach Region früher oder später.
- Reifendruck an kalten Tagen +0,2 bar gegenüber Sommer.
- Allwetter nur mit 3PMSF gelten als wintertauglich.
Warum Regress droht – und was wirklich auf dem Spiel steht
Versicherer argumentieren mit Kausalität und Obliegenheiten. Bei Unfall unter winterlichen Verhältnissen mit Sommerreifen liegt ein klarer Verstoß nahe. Dann ist Regress in der Haftpflicht bis 5.000 Euro möglich, auch wenn der Versicherer den Dritten voll entschädigt. In der Kasko landet man schnell bei grober Fahrlässigkeit, dann gibt es Abzüge. Dazu kommen Bußgeld und ein Punkt. Wer Pech hat, zahlt Abschleppen, Nutzungsausfall, Wertminderung anteilig mit. Viel Geld für eine Entscheidung aus Bequemlichkeit. Statt Moral hilft ein realistisches Bild: Winterreifen bremsen auf Schnee oft doppelt so kurz wie Sommerreifen bei 50 km/h. Dieses Stück Gummi erzählt im Ernstfall die ganze Geschichte. Zahlen lesen sich trocken, doch sie greifen ins Leben ein.
| Kernpunkte | Detail | Mehrwert für den Leser |
|---|---|---|
| Situative Winterreifenpflicht | Gilt bei Eis, Schnee, Matsch, Reifglätte; nur 3PMSF zählt | Klarheit, ab wann Sommerreifen riskant – rechtlich und praktisch |
| Versicherungsfolgen | Haftpflicht-Repress bis 5.000 €; Kasko-Kürzung bei grober Fahrlässigkeit | Finanzielles Risiko real einschätzen und vermeiden |
| Praxis-Check | 7-Grad-Regel, Profil ≥4 mm, Reifendruck, Wechsel Oktober/April | Sofort umsetzbare Schritte statt Theoriestress |
FAQ :
- Sind Allwetterreifen im Winter erlaubt?Ja, wenn sie das Alpine-Symbol (3PMSF) tragen. Ohne dieses Symbol gelten sie bei winterlichen Verhältnissen nicht als wintertauglich.
- Wie weist die Versicherung meine Sommerreifen nach?Gutachter prüfen Profil, Symbol, DOT-Daten, Witterung und Spurenbild. Fotos direkt nach dem Unfall helfen, Werkstattrechnungen ebenso.
- Gilt Regress auch ohne Eis oder Schnee?Bei trockener, plusgradiger Straße fehlt die Wintersituation. Dann gilt keine Winterreifenpflicht, Regress wegen Reifen ist unwahrscheinlich.
- Was ist mit Miet- oder Firmenwagen?Die Pflicht trifft den Fahrer. Fehlen Winterreifen bei Winterwetter, drohen Bußgeld und Mithaftung. Anbieter sind meist ausgerüstet, nachfragen schadet nie.
- Wie ist es im Ausland?Regeln variieren. In Österreich gilt eine saisonale Pflicht (1.11.–15.4. bei Winterverhältnissen), in Italien regional. Vor Fahrt Anforderung prüfen.









