Ein glatter Gehweg, ein voller Postbeutel, und die Frage, die jedes Jahr auftaucht: Muss die Post trotzdem kommen – oder darf sie einfach weitergehen?
Die ersten Autos ziehen träge Spuren, der Atem bildet kleine Wolken. Der Postbote steht vor dem Gartentor, stemmt den Fuß vorsichtig auf die Eisschicht, wie man prüft, ob ein See schon trägt. Er schaut zum Briefkasten, schaut auf seine Schuhe, hebt dann kurz die Hand. Ein stummes „Nein“.
Ein Nachbar ruft, ob er heute etwas dalassen könne. Der Zusteller schüttelt den Kopf und tippt auf die Stufen, auf denen eine dünne, glänzende Haut liegt. Man hört das leise Schaben seines Profils, wenn er sich wieder abstößt. Und dann bleibt der Briefkasten leer.
Heute nicht.
Schnee, Eis und Recht: Muss die Post liefern?
Ein schneefreier, rutschfester Zugang ist nicht Höflichkeit, sondern Pflicht. In den meisten Gemeinden regelt eine Satzung, dass Eigentümer – oft auch Mieter – den Gehweg und den Zugang zum Haus zu räumen haben. Das schützt Fußgänger und Zusteller. Wo es glatt ist und der Briefkasten nicht sicher erreichbar, spricht die Post von einem Zustellhindernis.
Dann darf der Zusteller die Zustellung verweigern. Nicht aus Bequemlichkeit, sondern aus Vernunft und Recht: Arbeitswege dürfen keine Rutschbahnen sein. Oft wird die Sendung später erneut zugestellt oder zur Filiale/Packstation umgeleitet. Das ist nicht ärgerlich, das ist Teil eines Systems, das Unfälle vermeiden soll. *Ein falscher Tritt, und die Tour ist gelaufen.*
Wie streng das ist? Stell dir 200 Adressen auf einer Tour vor. Ein einziger Sturz legt die ganze Route lahm – mit Kosten, Verletzungen, Ausfällen. Die rechtliche Basis: Verkehrssicherung im öffentlichen und privaten Bereich, plus Arbeitsschutz. Wer den Gehweg räumen muss, steht in der örtlichen Satzung, oft mit Uhrzeiten (werktags früh, am Wochenende etwas später). Nicht geräumt heißt: Risiko. Risiko heißt: keine Pflicht zum Zustellen. So einfach, so klar.
Beispiele, die jeder kennt (und was daraus folgt)
Ein Freitag im Januar, 9:30 Uhr. Die Einfahrt liegt im Schatten, pulvriger Schnee darüber, eine dünne Eisschicht darunter. Der Zusteller geht bis zum Tor, bleibt stehen, scannt den Weg zum Briefkasten – vier Stufen, ein schmales Podest, kein Geländer. Er dokumentiert das Hindernis per App, dreht ab. Später landet die Benachrichtigung im System: Abholung in der Filiale. Der Empfänger ärgert sich. Die Szene wiederholt sich in Nebenstraßen Dutzender Städte – tausendfach.
Wir alle kennen diesen Moment, wenn man denkt: „Kurz rüber, wird schon klappen.“ Für Profis, die täglich Dutzende Kilo tragen, ist „wird schon“ kein Plan. Laut Berufsgenossenschaften steigen Sturzunfälle im Winter signifikant an, oft durch ungepflegte Zugänge. Der Clou: Es trifft nicht nur Zusteller. Auch Paketfahrer, Pflegedienste, der Schornsteinfeger. Wer Wege passierbar hält, hält den Alltag am Laufen.
Juristisch betrachtet greift die Verkehrssicherungspflicht: Wer einen Weg eröffnet, muss ihn in einem Zustand halten, der typische Gefahren mindert. Es geht nicht um perfekte Trockenheit, sondern um „zumutbare“ Sicherung. Räumen, streuen, Licht an. Ist der Briefkasten am Zaun montiert, sinkt das Risiko. Auch das Moyenne: Ein Meter Wegbreite gilt vielen Städten als Richtwert. Seien wir ehrlich: niemand streut drei Mal am Tag. Aber wenn es schneit, hilft schon der erste beherzte Einsatz.
So wird dein Haus „zustellfreundlich“ – und bleibt es
Beginne außen: Der sicherste Ort für den Briefkasten ist am Zaun oder direkt an der Grundstücksgrenze. Das spart Stufen und glatte Platten. Räumen in Bahnen, nicht in Inseln. Danach Splitt oder Sand – Salz ist mancherorts verboten und schadet Pflanzen. Kleine Schwelle, große Wirkung: ein Handlauf an der Kellertreppe. Bewegungsmelder für Licht, damit Glatteis sichtbar wird. Und: Hausnummer groß, kontrastreich, beleuchtet. Das spart Zeit und reduziert Fehler auf der Tour.
Die heikle Phase sind die ersten Stunden nach Schneefall. Einmal räumen reicht selten, wenn die Temperatur schwankt. Viele legen falsch los: Sie schieben Schnee auf den Gehwegrand, wo er später zurückrollt und vereist. Besser: Schneewulst klar an die Seite, Einläufe freihalten, damit Schmelzwasser abläuft. Versuch, festen Tritt zu schaffen, nicht spiegelnde Flächen. Klingt nach Aufwand? Ja. Aber zehn Minuten morgens verhindern fünf Tage Ärger.
„Warum rufen die nicht einfach an und stellen irgendwo ab?“ Das scheitert oft an Haftung und Datenschutz.
„Sicherheit geht vor Zustellquote. Wo ich stürzen kann, stelle ich nicht zu.“ – Zusteller aus Norddeutschland
Ein praktischer Mini-Plan für Frosttage:
- Noch vor 7/8 Uhr einmal räumen, Splitt streuen.
- Briefkasten an die Grundstücksgrenze verlegen.
- Handlauf montieren, Bewegungsmelder prüfen.
- Stufen und Kanten zuerst bearbeiten, dann die Fläche.
- Bei Eisregen öfter nachstreuen – kleine Mengen, gezielt.
So wird aus Risiko Routine.
Was bleibt – und worüber man reden sollte
Die Post ist kein Gegner. Sie ist ein Gradmesser dafür, wie bewohnbar unsere Wege im Winter sind. Wer Zusteller ohne Angst zum Briefkasten bringt, bringt auch Kinder sicher zur Schule und Nachbarinnen sicher zum Bus. Am Ende ist das eine stille Nachbarschaftsarbeit, die man kaum lobt, aber spürt, wenn sie fehlt.
Vielleicht ist der Trick, den Winter nicht als Ausnahme zu sehen, sondern als Modus. Ein Briefkasten am Zaun ist mehr als Bequemlichkeit, er ist ein Gefahrenfilter. Ein Eimer Splitt ist kein Dekoartikel, er ist die Verlängerung deiner Hand. Und wenn die nächste Kaltfront kommt, wird aus „Heute nicht“ ein „Geht klar“. Wer so denkt, verändert die ganze Straße.
| Kernpunkte | Detail | Mehrwert für den Leser |
|---|---|---|
| Zustellung bei Glätte | Darf verweigert werden, wenn Weg/Briefkasten unsicher erreichbar sind (Zustellhindernis) | Realistische Erwartungen, weniger Frust und Streit |
| Räumen und Streuen | Örtliche Satzungen: zu bestimmten Zeiten räumen, mit Splitt/Sand sichern | Konkretes Handeln statt vager Regeln – Unfälle vermeiden |
| Briefkasten & Zugang | Am Zaun montieren, Wegbreite ca. 1 m, Licht und Handlauf | Schnellere, sichere Zustellung auch bei Schnee und Eis |
FAQ :
- Darf der Postbote die Zustellung verweigern, wenn mein Weg glatt ist?Ja. Bei Gefahr für die eigene Sicherheit liegt ein Zustellhindernis vor. Die Sendung kommt später oder geht in die Filiale/Packstation.
- Was passiert mit meinen Briefen und Paketen in so einem Fall?Briefe: oft erneuter Zustellversuch oder Abholung. Pakete: zweiter Versuch, Abgabe beim Nachbarn nach Vereinbarung oder Filiale – je nach Dienstleister und Einstellung.
- Wer haftet, wenn ein Zusteller auf meinem Grundstück stürzt?Wer räum- und streupflichtig ist, kann haften. Das regeln kommunale Satzungen und das Zivilrecht. Eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht ist sinnvoll.
- Muss ich auch als Mieter räumen?Steht häufig im Mietvertrag oder in der Hausordnung. Oft überträgt der Vermieter die Pflicht an Mieter oder den Hausdienst. Im Zweifel nachsehen – oder kurz beim Vermieter fragen.
- Gibt es Ausnahmen, etwa für ältere Menschen oder im Urlaub?Die Pflicht bleibt bestehen. Praktisch hilft: Vertretung organisieren (Nachbarn, Winterdienst), Briefkasten an die Grenze verlegen, Streugut bereithalten.









