Ein Carport wirkt stabil – bis die erste schwere Schneewalze darüber liegt. Dann zählen nicht mehr nur Holzquerschnitte und Schrauben, sondern Winkel, Wind und Wasser in den Flocken. Genau hier entsteht die gefährliche Lücke zwischen Gefühl und Statik, die jeden Winter zu teuren, manchmal stillen Einstürzen führt.
Ich stehe im Garten, schaue hoch zur Fragilität aus Holz und Polycarbonat, während nebenan das massive Ziegeldach aussieht, als könnte es zehn Winter auf einmal schultern. Ein Nachbar schiebt den Schnee von seinem Carport, Schritt für Schritt, mit einer Mischung aus Eile und Respekt. Dann knackt es. Nicht laut, nur ein kurzer, trockener Hinweis aus der Struktur. Ich spüre, wie sich der Atem an der Kälte verfängt. Und ich weiß: Irgendetwas stimmt hier nicht.
Warum das Hausdach mehr aushält als der Carport
Hausdächer werden nach strengen Normen bemessen, mit Sicherheitsbeiwerten, Lastannahmen und regionalen Schneelastzonen. Ein Carport dagegen gilt rechtlich oft als Nebenanlage, wird modular verkauft und im Alltag eher „leicht“ gedacht. Diese Leichtigkeit täuscht. Denn mit flacher Neigung, langen Spannweiten und dünnen Querschnitten sammelt sich mehr Schnee, er rutscht langsamer ab, die Last verteilt sich schlechter. Dazu kommen Anbauten: Seitliche Blenden, integrierte Abstellräume, Photovoltaik – alles, was das Dach „lebensnäher“ macht, erhöht im Winter die Spielregeln. Das massive Ziegeldach arbeitet, der Carport bittet schneller um Gnade.
Ein Beispiel aus Oberbayern zeigt die Mechanik: 25 Zentimeter Pulverschnee über Nacht, dann Regen, dann Windböen. Auf dem Steildach rutscht die weiße Decke in Bahnen ab, Schneefangbretter halten dosiert zurück. Der Carport, flach und schattig, behält die nasse Last komplett. Aus 25 Zentimetern werden 15 Zentimeter Nassschnee mit Eislamellen – statt 25–40 kg/m² plötzlich bis zu 70–90 kg/m², lokal noch mehr. Wind treibt den Schnee in die Ecke der Gebäudewand, wo sich eine Verwehung bildet. Genau dort knicken in den Tagen darauf zwei Sparren, unauffällig, ohne Drama, aber endgültig. Die Reparatur kostet mehr als der ursprüngliche Bausatz.
Woran liegt das physikalisch? Carports haben oft flache Dächer, geringere Eigengewichte und weniger aussteifende Scheibenwirkung. Heißt: Sie schwingen früher, nehmen punktuelle Lasten schlechter auf und reagieren sensibler auf Asymmetrien. Normativ werden Hausdächer nach DIN EN 1991-1-3 (Eurocode 1) und nationalem Anhang bemessen, mit lokalen Schneelastwerten und Sicherheitsreserven. Viele Carport-Kits tragen eine pauschale Angabe wie „85 kg/m² Schneelast“, was im Allgäu schlicht zu wenig ist. Dazu kommt die Realität: Nassschnee kann 300 kg/m³ wiegen, Verwehungen verdoppeln Lasten auf Teilflächen, und Warm-/Kaltkanten erzeugen Eisrippen. Das Hausdach ist vorbereitet. Der Carport oft nicht.
Was Sie jetzt konkret tun können
Der sicherste Handgriff klingt unspektakulär: früh räumen, flächig und in Bahnen. Nutzen Sie einen Teleskop-Schneeschieber mit Kunststoffkante, arbeiten Sie von der offenen Seite zur Stütze hin und entlasten Sie beide Seiten nacheinander – nie nur eine Ecke. Lassen Sie 2–3 Zentimeter Restschnee als Gleitfilm, damit die Abdeckung nicht verkratzt. Prüfen Sie vor dem Schieben die Pfostenfußpunkte: Sitzen die Anker fest? Gibt es Risse im Beton? Kleine Entlastung bringt viel – schon 5 Zentimeter Nassschnee weniger nehmen spürbar Last heraus. Und bitte: Nicht aufs Dach steigen. Der vermeintliche Halt bricht schneller, als man denkt.
Typische Fehler passieren in der Hektik. Einseitiges Freischieben erzeugt Torsion, die Verbindungen nicht mögen. Zu späte Reaktion nach Regen auf Pulverschnee verwandelt leichte Last in zähe Masse. Gern unterschätzt: Verwehungen an Wandanschlüssen und unter Dachüberständen – dort drückt es lokal wie mit dem Finger in eine Membran. Und ja, wir alle kennen diesen Moment, wenn man „noch schnell“ zur Arbeit will und das Carport ignoriert. Seien wir ehrlich: Niemand räumt das täglich so, wie Statiker es sich wünschen. Umso sinnvoller sind Routinen mit wenig Aufwand: Blicktest am Morgen, Gewichtsschätzung, kurze Entlastung an neuralgischen Punkten.
„Nassschnee ist der Gamechanger – nicht die Höhe, sondern die Dichte. Wenn der Föhn kommt, zählt jede Stunde“, sagt ein Zimmerermeister aus dem Berchtesgadener Land.
- Minutenregel: Spätestens wenn Regen auf frischen Schnee fällt, 10–15 Minuten für eine Teilentlastung einplanen.
- Verdeckte Schwachstellen: Verbindung Pfette–Pfosten, Knoten an Wandanschlüssen, Schrauben in Randzonen.
- Leise Warnzeichen sind lauter als ein Knall. Knacken, klemmen, leicht verzogene Pfosten – ernst nehmen.
Und was bleibt?
Ein Carport ist mehr als ein Regendach. Es ist ein kleines Tragwerk in einer rauen Umwelt, die im Winter andere Gesetze schreibt. Wer das akzeptiert, spart Geld und Nerven. Sie müssen kein Statik-Profi werden, um clever zu handeln: lokale Schneelast kennen, Knotenpunkte im Blick behalten, früh entlasten, nie punktuell räumen. Nassschnee ist der Prüfstein, Wind der Verstärker, Zeit Ihr Verbündeter. Einmal pro Saison ein kritischer Check, dazu kleine Gesten im richtigen Moment – das verändert die Geschichte Ihres Carports.
| Kernpunkte | Detail | Mehrwert für den Leser |
|---|---|---|
| Schneelast ist Dichte, nicht nur Höhe | Nassschnee bis 300 kg/m³, Verwehungen verdoppeln Teilflächenlasten | Realistische Einschätzung statt Blick aufs Lineal |
| Carports haben flache Dächer | Lange Spannweiten, wenig Eigengewicht, empfindlich gegen asymmetrische Lasten | Versteht, warum frühes, gleichmäßiges Räumen schützt |
| Routinen schlagen Aktionismus | Blicktest morgens, Teleskop-Schieber, Knotenpunkte prüfen | Konkrete Handgriffe, die Schäden verhindern |
FAQ :
- Wie viel Schnee hält ein typischer Carport aus?Häufige Bausatzangaben liegen bei 75–125 kg/m². In schneereichen Regionen reicht das nicht. Prüfen Sie Herstellerangaben und regionale Schneelastzonen, und rechnen Sie mit Nassschnee.
- Soll ich den Carport komplett schneefrei räumen?Nein. Besser flächig und symmetrisch entlasten und eine dünne Schicht lassen, um die Abdeckung zu schonen. Nie nur eine Ecke frei schieben.
- Ist Salz auf dem Carportdach eine gute Idee?Nein. Salz greift Metalle und Befestigungen an, fördert Korrosion und schadet Pflanzen. Mechanisch, weich und gleichmäßig räumen.
- Woran erkenne ich kritische Last, ohne zu wiegen?Knacken, schweres Türöffnen am Abstellraum, sichtbare Durchbiegung, Schwingungen bei Wind. Diese Zeichen sind Vorwarnungen.
- Hilft eine Photovoltaik-Anlage gegen Schnee?Sie kann das Abrutschen verbessern, bringt aber zusätzliches Gewicht und Aufständerungskräfte. Planung und Statik müssen das berücksichtigen.









